Zur Aufweichung der Schuldenbremse: Ein riskantes Manöver mit weitreichenden Folgen

Die Pläne von Union und SPD, in Sondersitzungen des scheidenden Bundestages weitreichende Grundgesetzänderungen durchzusetzen, werfen nicht nur verfassungsrechtliche, sondern auch demokratiepolitische und finanzpolitische Fragen auf. Mit einem historischen Finanzpaket, das die Schuldenbremse lockern, den Ländern mehr Spielraum für Investitionen geben und ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur schaffen soll, wird ein ambitioniertes Vorhaben verfolgt. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich: Die Eile, mit der dieses Vorhaben verabschiedet werden soll, sowie die inhaltliche Ausgestaltung des Gesetzentwurfs bergen erhebliche Risiken. Verfassungsrechtliche Bedenken: Ein Präzedenzfall mit Langzeitwirkung Zunächst ist die Verpackung der geplanten Grundgesetzänderungen in einen einzigen Gesetzentwurf kritisch zu hinterfragen. Die Abgeordneten stehen vor der Wahl, entweder dem gesamten Paket zuzustimmen oder es komplett abzulehnen. Eine differenzierte Abstimm...

Premiere für den Lüritz-Parchwigslust-Test (LPT) - Ein juristischer KI-Benchmark aus Mecklenburg-Vorpommern - Fall 1 - Die Überwachungskameras von Lüritz

Liebe Leser,

betreten Sie mit mir die beschauliche Welt der mecklenburgischen Landkreise Lüritz und Parchwigslust. Idyllische Landschaften, malerische Dörfer – und eine erbitterte Fehde zwischen zwei Landräten. Auf der einen Seite Dietrich "Didi" Donnerhall, der impulsive Machtmensch aus Parchwigslust, stets auf der Suche nach dem nächsten prestigeträchtigen Projekt. Auf der anderen Seite Dr. Bodo Bärensprung, sein nicht minder ambitionierter und um die Gunst der Ministerpräsidentin Manuela Märchen buhlender Amtskollege aus Lüritz. Ihr ewiger Wettstreit: Wer hat die fortschrittlichste Tourismusregion des Landes?

Hinter einer Fassade aus lokalpolitischem Geplänkel verbirgt sich ein wahrer Sumpf aus juristischen Fallstricken, der die Amtsstuben von Lüritz und Parchwigslust in ein permanentes Chaos stürzt. Inspiriert von den legendären Saarheim-Fällen von Prof. Dr. Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer), entfaltet sich hier ein Mikrokosmos, der viele aktuelle Fragen des Verwaltungsrechts, des Datenschutzrechts und der Grundrechte abbildet.

Warum dieses Szenario?

Dieses Szenario dient als Grundlage für den Lüritz-Parchwigslust-Test (LPT), einen Benchmark, der Künstliche Intelligenz auf ihre juristische Kompetenz im kommunalen Kontext prüft. Der LPT, dessen Akronym auch für 'Law Precision Test' stehen könnte, bildet die Komplexität und Vielfalt rechtlicher Fragestellungen ab und verknüpft sie mit ethischen und politischen Aspekten. Lüritz und Parchwigslust werden zum Schauplatz fiktiver Fälle, die klassische und aktuelle Probleme des Verwaltungsrechts, des Datenschutzrechts und der Grundrechte aufgreifen.

Fangen wir gleich an mit dem ersten Fall!

Sachverhalt 1: Die Überwachungskameras von Lüritz

Der Landkreis Lüritz, malerisch gelegen zwischen Müritz und Plauer See, bekannt für seine idyllischen Dörfer und die etwas verschlafene Kreisstadt Waren (Müritz), sieht sich mit einem Problem konfrontiert: Eine Serie von Fahrraddiebstählen und nächtlichen Ruhestörungen, vor allem rund um den Warener Stadthafen und den angrenzenden Müritz-Nationalpark, verunsichert die sonst so friedliebenden Mecklenburger. Die Polizeipräsenz wurde bereits erhöht, doch die Täter, vermutlich eine Gruppe Jugendlicher aus dem berüchtigten Plattenbauviertel "Am Kietz", scheinen immer einen Schritt voraus zu sein.

In dieser angespannten Lage präsentiert die Firma "Fischkopp-IT GmbH", ansässig im nahegelegenen Gewerbegebiet Röbel/Müritz, dem Landrat des Kreises Lüritz, Herrn Dr. Bodo Bärensprung, eine innovative Lösung: Ein hochmodernes, KI-gestütztes Videoüberwachungssystem mit Gesichtserkennungstechnologie. Die Geschäftsführerin von Fischkopp-IT, Frau Dr. Ilse Aalglatt, eine ehemalige Mitarbeiterin des renommierten Rostocker Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung, verspricht eine drastische Reduzierung der Kriminalität. Das System, so Aalglatt, könne in Echtzeit Gesichter mit einer Datenbank polizeibekannter Straftäter abgleichen und bei einer Übereinstimmung sofort die Polizeiinspektion Waren alarmieren.

Landrat Bärensprung, stets bedacht auf seinen Ruf als "Macher" und getrieben von der Sorge um die bevorstehende Tourismussaison, ist begeistert. Er sieht darin die Chance, den Landkreis Lüritz als sicheren und modernen Standort zu positionieren. Die lokale Presse, allen voran der "Müritz-Bote", feiert die Initiative als "digitalen Schutzwall gegen die Kriminalität". Doch es regt sich Widerstand. Der Datenschutzbeauftragte des Landkreises, Herr Eckhard Datensicher, ein Mann von Prinzipien und stets korrekter Scheitelfrisur, meldet erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Systems an. Er verweist auf die DSGVO, das BDSG und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Videoüberwachung. Auch die Bürgerinitiative "Freies Mecklenburg", angeführt von der streitbaren Rentnerin und ehemaligen LPG-Vorsitzenden Frau Erna Trecker, formiert sich und protestiert lautstark gegen die drohende "Stasi 2.0".

Inmitten dieses Sturms wird Juristischer Sachbearbeiter Dr. Jürgen Schmalstieg, bekannt für seine akribische, manche sagen pedantische, Arbeitsweise und sein tiefes, wenn auch manchmal etwas verstaubtes, Verständnis des mecklenburgischen Verwaltungsrechts, vom Landrat beauftragt, die Rechtmäßigkeit des Vorhabens zu prüfen. Schmalstieg, der gerade erst eine zermürbende Auseinandersetzung um die Genehmigung eines Windparks in der Feldberger Seenlandschaft hinter sich hat und sich eigentlich auf seinen bevorstehenden Angelurlaub an der Peene freut, sieht sich nun mit einem neuen, komplexen Fall konfrontiert, der ihn in die Untiefen des Datenschutzrechts und der KI-Ethik führt.

Bei seinen Recherchen, die ihn von den Amtsstuben in Waren bis in die verrauchten Hinterzimmer der Dorfkneipen führen, stößt Schmalstieg auf einige Ungereimtheiten:

*   Die "Fischkopp-IT GmbH" ist erst vor acht Monaten gegründet worden und hat bisher keine nennenswerten Referenzen vorzuweisen, außer einer fragwürdigen Installation bei einem örtlichen Fischgroßhändler.

*   Die Trefferquote der Gesichtserkennungssoftware wird von Frau Dr. Aalglatt mit 97% angegeben, unabhängige Tests liegen jedoch nicht vor. In Fachkreisen, insbesondere beim Chaos Computer Club Rostock, wird eine deutlich geringere Trefferquote für wahrscheinlich gehalten, vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen, wie sie am nächtlichen Stadthafen häufig herrschen.

*   Die Datenbank der "polizeibekannten Straftäter" enthält auch Personen, die wegen Bagatelldelikten wie dem illegalen Angeln ohne Angelschein oder dem Fahren ohne Fahrradklingel aktenkundig sind. Hier stellt sich Schmalstieg sofort die Frage, ob die Speicherung solcher Daten überhaupt verhältnismäßig ist.

*   Ein ehemaliger Mitarbeiter von Fischkopp-IT, der anonym bleiben möchte und Schmalstieg in einer konspirativen Aktion an einer einsamen Bushaltestelle trifft, berichtet, dass die Software bei Personen mit sonnengebräunter Haut, wie sie bei den vielen Seglern auf der Müritz üblich ist, eine signifikant höhere Fehlerquote aufweist.

*   Es gibt Gerüchte, dass Frau Dr. Aalglatt und der Leiter der Polizeiinspektion Waren, Herr Hauptkommissar Horst "Hotte" Hübner, ein ehemaliger Klassenkamerad aus Schulzeiten in Malchow, eine auffällig enge, manche sagen "zu enge", Beziehung pflegen.

*   Der Kreistag, der über die Einführung des Systems abstimmen soll, ist tief gespalten. Die Fraktion "Sicheres Lüritz" (SL) befürwortet das Projekt vehement, während die Fraktion "Ökologisch-Soziales Bündnis" (ÖSB) es strikt ablehnt. Die "Freien Wähler Müritzregion" (FWM) zeigen sich noch unentschlossen und lavieren zwischen Datenschutzbedenken und dem Wunsch nach Ruhe und Ordnung.

*   Herr Hübner argumentiert, dass die Kameras präventiv wirken und die Aufklärungsquote verbessern würden, da potenzielle Täter abgeschreckt und Beweismittel gesichert werden könnten.

Schmalstieg ist hin- und hergerissen. Einerseits versteht er den Wunsch nach mehr Sicherheit, insbesondere in der touristisch so wichtigen Region, andererseits sieht er die Gefahr eines massiven Eingriffs in die Grundrechte der Bürger und befürchtet einen Präzedenzfall für die gesamte Seenplatte. Er weiß, dass seine rechtliche Einschätzung entscheidend für die Zukunft des Landkreises sein wird. Hinzu kommt, dass er unter enormem Zeitdruck steht, da der Landrat, getrieben von der Angst vor negativer Presse, eine schnelle, am besten schon "vorgestrige" Entscheidung erwartet.

Zusätzliche Details:

*   Schmalstieg leidet unter chronischen Rückenschmerzen, die durch das stundenlange Brüten über Gesetzestexten und die unbequemen Stühle im Landratsamt noch verschlimmert werden. Er greift in seiner Verzweiflung zu einem alten Hausmittel seiner Großmutter, einem selbst angesetzten Johanniskrautschnaps, der jedoch neben einer leichten Heiterkeit vor allem Sodbrennen verursacht.

*   Er hat eine komplizierte Beziehung zu seiner Ex-Frau, einer erfolgreichen Anwältin für Familienrecht in Neubrandenburg, die ihn immer wieder mit juristischen Spitzfindigkeiten und Anspielungen auf seine angebliche "Provinzialität" in den Wahnsinn treibt.

*   Frau Trecker verteilt während der Proteste selbstgebastelte Aluhüte und behauptet, die Kameras könnten Gedanken lesen.

*   Datenschutzbeauftragter Datensicher hat angeblich einen "Hacker-Test" durchgeführt, bei dem er das System mit einem Selfie seiner Katze Dora überlisten konnte.

*   Schmalstieg konsultiert seinen Freund und Kollegen, den Amtsrichter Dr. Rechtlich aus Neustrelitz, der ihm rät, bei seiner Entscheidung auch die ethischen Implikationen zu berücksichtigen.

*   In einer schlaflosen Nacht, geplagt von Rückenschmerzen und dem Geschmack des Johanniskrautschnapses, hat Schmalstieg eine Vision von einer dystopischen Zukunft, in der der gesamte Landkreis Lüritz von allgegenwärtigen Kameras überwacht wird und jeder Bürger, ob beim Angeln, Baden oder Spazierengehen, unter ständiger Beobachtung steht.

Fragen an das LLM:

1.  Ist die Einführung des KI-gestützten Videoüberwachungssystems mit Gesichtserkennung im Landkreis Lüritz nach geltendem Recht, insbesondere unter Berücksichtigung der DSGVO, des BDSG, des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, zulässig?

2.  Welche datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen gegen den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware der "Fischkopp-IT GmbH"? Gehen Sie insbesondere auf die Problematik der Trefferquote, der Datenbank "polizeibekannter Straftäter" und das Risiko der Diskriminierung (z.B. bei sonnengebräunter Haut) ein.

3.  Wie könnte ein Kompromiss aussehen, der sowohl den Sicherheitsbedürfnissen der Bürger als auch ihren Grundrechten Rechnung trägt? Wäre eine anlassbezogene, temporäre Überwachung, z.B. nur während der Nachtstunden am Stadthafen, eine Option?

4.  Welche Auswirkungen hat der AI Act auf die Zulässigkeit der Gesichtserkennung im Landkreis Lüritz?

5.  Entwerfen Sie einen Datenschutzhinweis für die Bürger des Landkreises Lüritz, der sie gemäß Art. 13 DSGVO über die Videoüberwachung und ihre Rechte informiert. Berücksichtigen Sie dabei insbesondere: Verantwortlicher der Datenverarbeitung, Zwecke der Verarbeitung und Rechtsgrundlage, Empfänger der Daten, Speicherdauer, Betroffenenrechte (Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung, Widerspruch, Datenübertragbarkeit), Beschwerderecht bei der Aufsichtsbehörde.

6.  Welche Rolle spielen die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frau Dr. Aalglatt und Herrn Hübner für die rechtliche Bewertung, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Befangenheit von Herrn Hübner nach § 20 VwVfG-MV und das Vergaberecht?

7.  Wie ist die Argumentation des Leiters der Polizeiinspektion, die Kameras würden präventiv wirken und die Aufklärungsquote verbessern, rechtlich zu bewerten, insbesondere im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes?

8.  Unter welchen Voraussetzungen wäre eine anlassbezogene, temporäre Überwachung des Stadthafens und des Nationalparks, etwa während bekannter "Problemzeiten" oder bei Großveranstaltungen, nach dem SOG M-V zulässig?

Ausblick:

Im nächsten Beitrag werden wir sehen, auf welche Antworten verschiedene aktuelle KI-Modelle auf diese juristischen Herausforderungen des Lüritz-Parchwigslust-Tests gekommen sind. Schmalstieg wird seine Entscheidung treffen müssen, und die Zukunft des Landkreises Lüritz steht auf dem Spiel. Wird er dem Druck des Landrats und der öffentlichen Meinung standhalten oder knickt er ein? Und welche Rolle wird die geheimnisvolle "Fischkopp-IT GmbH" noch spielen? Seien Sie gespannt auf die nächste Folge des LPT!

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