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Es werden Posts vom Oktober, 2024 angezeigt.

Ein Sieg für den Rechtsstaat: Verwaltungsgericht Greifswald erklärt Polizeieinsatz am Wossidlo-Gymnasium für rechtswidrig

Ein Kommentar von Marcus Seyfarth, LL.M. VG Greifswald gibt Schülerin Recht Vor fast genau einem Jahr habe ich an dieser Stelle in  mehreren Beiträgen  über den kontroversen Polizeieinsatz am Wossidlo-Gymnasium in Ribnitz-Damgarten berichtet (auch unter "Schlumpfgate" bekannt). Damals kritisierte ich den von der rot-roten Landesregierung an den Tag gelegten „illiberalen, obrigkeitsstaatlichen Geist“ und mahnte an, dass der Schutz der Verfassung nicht zu einem Bruch mit ebenjener führen dürfe. Die Prognose, dass erst ein Gerichtsurteil der betroffenen Schülerin Genugtuung verschaffen würde, hat sich nun bewahrheitet. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat mit seinem Urteil vom 1. Juli 2025 (Az: 2 A 1084/24 HGW) ein klares und unmissverständliches Zeichen für die Grundrechte und gegen staatliche Übergriffigkeit gesetzt. Die Entscheidung des Gerichts: Eine schallende Ohrfeige für die Landesregierung Laut der heute veröffentlichten Pressemitteilung hat das Verwaltungsgericht die s...

Offener Brief an die Justizministerin MV: Wenn der Rechtsstaat versagt

Als ehemaliger Mitarbeiter im öffentlichen Dienst Mecklenburg-Vorpommerns habe ich heute einen offenen Brief an unsere Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) gerichtet. Die Entscheidung, diesen Schritt zu gehen, fiel mir leicht. Denn nach Jahren der Beobachtung und persönlicher Erfahrung mit unserem Justizsystem sehe ich keine Alternative mehr dazu. Die Realität hinter der Fassade Was ich in den vergangenen Jahren erleben musste, erschüttert nichts geringeres als das Fundament meines Vertrauens in unseren Rechtsstaat. Von der einfachen Sachbearbeitung bis hinauf zu den höchsten Gerichten des Landes herrscht eine Kultur der systematischen Arbeitsvermeidung - oftmals zu Lasten des Bürgers - und der Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien. Aktuelle Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts (1 M 253/24 OVG) und des Landessozialgerichts (L 8 AS 125/24 B ER) aus diesem Sommer belegen diese erschreckende Entwicklung und sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs, welchen ich ...

Kontaktschuld und Cancel-Culture: Zum erfolgreichen Distanzierungsantrag gegen Vosgerau

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Es ist wahrlich eine Tragödie, was aus der einst stolzen und konservativ geprägten Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer (VDStRL) geworden ist. Einst ein Bollwerk des Rechts und der Vernunft, ein Verein, der sich dem Schutz und der Verteidigung unserer Verfassungsordnung verpflichtet sah, ist sie nun zu einem willfährigen Instrument links-grüner Ideologen verkommen, welches dem politischen Zeitgeist huldigt. Die jüngste Distanzierung von Professor Ulrich Vosgerau markiert den bislang tiefsten Punkt in deren fortschreitenden Niedergang.* Der "Feind" in den eigenen Reihen Früher wurden in der VDStRL große Namen des öffentlichen Rechts gefeiert, Männer und Frauen, die trotz ihrer Vergangenheit in schwierigen Zeiten Verantwortung übernommen haben. Man hatte verstanden, dass der Rechtsstaat von Erfahrung und kluger Führung lebt. Doch mit der Aufnahme von Volker Neumann im Jahr 1992, der während der Studentenproteste 1968 als Vertreter der Basisgruppe Jura den konservativen Pr...

Warum der AfD-Verbotsantrag eine schlechte Idee ist

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Die Debatte um ein mögliches Parteiverbot der AfD hat zuletzt zunehmend an Brisanz gewonnen. Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen und der Rhetorik der Partei  fordern nunmehr fraktionsübergreifend manche Politiker ein Verbot der AfD . Dieser Beitrag analysiert die rechtlichen Hürden eines solchen Verbotsantrags unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Fall der NPD (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13). 1. Das Parteienverbot im Grundgesetz Gemäß Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG) kann eine Partei dann verboten werden, wenn ihre Ziele oder das Verhalten ihrer Anhänger darauf abzielen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Das Parteienverbot stellt eines der schärfsten Mittel im deutschen Verfassungsrecht dar, um gegen verfassungsfeindliche Parteien vorzugehen. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in seiner Rechtsprechun...

Kontaktschuld und Cancel-Culture: Der Fall Vosgerau und die Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit

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Das Nachrichtenportal NIUS berichtete am 1. Oktober 2024 über eine Kontroverse um den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau und den Versuch, ihn aus der „ Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer “ zu drängen. Dies bietet einen tiefen Einblick in die Mechanismen der modernen "Cancel-Culture" und den problematischen Umgang mit dem Konzept der Kontaktschuld. Dieses Vorgehen verdient scharfe Kritik, nicht nur aus Sicht der Wissenschaftsfreiheit, sondern auch im Hinblick auf die verengende Wirkung solcher Denkweisen auf den öffentlichen Diskurs. Der Beitrag knüpft damit nahtlos an den  kritischen Kommentar zum Portal "Verfassungsblog"  an. Denn auch am Fall Vosgerau wird deutlich, wie in Deutschland nunmehr Haltungs-Rechtswissenschaft betrieben wird. Der Antrag der acht Staatsrechtslehrer, angeführt von der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin Gabriele Britz (daneben federführend: Pascale Cancik, Klaus Ferdinand Gärditz, Matthias Jestaedt, Florian Meinel, Christoph Möller...