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Es werden Posts vom November, 2024 angezeigt.

Ein Urteil als Menetekel für den Rechtsstaat - "Wehrhafte Demokratie" als Alibi für staatliche Übergriffe im politischen Meinungswettkampf

Mit seinem  Urteil VGH O 11/24 vom 2. April 2025  hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz die Büchse der Pandora geöffnet. Was auf den ersten Blick wie eine gerichtliche Einzelfallentscheidung über die Zulässigkeit von Politikeräußerungen erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein fundamentaler Angriff auf die Grundprinzipien unseres freiheitlichen Verfassungsstaates. Dieses Urteil billigt nichts weniger als den Einsatz staatlicher Machtmittel und Autorität im politischen Meinungskampf gegen eine Oppositionspartei. Es ist ein Offenbarungseid richterlicher Zurückhaltung und ein fatales Signal, das die ohnehin prekäre Balance zwischen Staatsräson und Parteienwettbewerb weiter zugunsten eines übergriffigen, sich selbst erhaltenden Parteienstaates verschiebt. Die vielbeschworene „wehrhafte Demokratie“ dient hier als fadenscheiniger Vorwand für eine Praxis, die dem Wesen eines neutralen, dem Bürger verpflichteten Staates Hohn spricht. Die Neutralitätspfl...

Warum der AfD-Verbotsantrag eine schlechte Idee ist - Teil 2

Jetzt liegt der konkrete Verbotsantrag dem Bundestag vor! In einem  vorherigen Beitrag  wurden bereits einige grundsätzliche Aspekte im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die gegen ein AfD-Verbotsverfahren sprechen, erläutert. In diesem Teil wird der nunmehr im Bundestag eingebrachte Antrag zur Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens näher analysiert. Der Antrag  zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD,  eingebracht von 113 Abgeordneten  verschiedener Parteien, ist ein politisch umstrittenes Dokument, das vorgeblich eine Vielzahl an Vorwürfen und Belegen gegen die Partei vorbringt. Dieser wirft jedoch aus rechtsstaatlicher Sicht schwerwiegende Fragen auf, die einer näheren Betrachtung bedürfen. 1.  Die Gefahr einer politisch motivierten Instrumentalisierung des Verbotsrechts Ein Parteienverbot ist das schärfste Schwert der Demokratieabwehr. Art. 21 Abs. 2 GG sieht eine klare Trennung zwischen politischen und juristischen ...

Der schnelle Weg zu Neuwahlen: Warum das konstruktive Misstrauensvotum die beste Option ist

Nach dem Ausscheiden der FDP aus der Ampel-Koalition steht Deutschland vor einer Staatskrise. Die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen verfügt nur noch über 324 von 733  Bundestagsmandaten  - weit entfernt von der erforderlichen Kanzlermehrheit von 369 Stimmen. Während Bundeskanzler Olaf Scholz auf Zeit spielt und erst Mitte Januar die Vertrauensfrage stellen will, bietet das Grundgesetz einen schnelleren Weg zu Neuwahlen: das konstruktive Misstrauensvotum. Die verfassungsrechtlichen Optionen Grundsätzlich kennt das Grundgesetz zwei Wege zu vorgezogenen Neuwahlen: Die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers nach Art. 68 GG und das konstruktive Misstrauensvotum nach Art. 67 GG. Während die Vertrauensfrage das flexiblere Instrument zu sein scheint, bietet das konstruktive Misstrauensvotum in der aktuellen Situation entscheidende strategische Vorteile. Der Scholz-Plan und seine Schwächen Der von Bundeskanzler Scholz favorisierte Weg über die Vertrauensfrage würde mindestens bis Mit...

Der Verlust der Unabhängigkeit – Wie das Bundesverfassungsgericht seine Schutzfunktion verspielt

Manchmal genügen ein paar Worte, um ein tieferliegendes Problem zu entlarven. Ein Zitat von Doris König, Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, vermittelt genau diese Einsicht: „Viele Menschen scheinen von der Komplexität der Problemlagen überfordert zu sein, auch von der Rechtslage.“ Ein Satz, der offenlegt, wie weit einige der höchsten Richterinnen und Richter unseres Landes vom Volk entfernt sind – und vor allem, was sie vom mündigen Bürger halten. Doris König ist keine gewöhnliche Stimme im Chor der Hochnäsigen; sie ist die Spitze des Zweiten Senats des höchsten deutschen Gerichts. Eine Institution, die geschaffen wurde, um den Bürger vor staatlicher Übermacht zu schützen. Doch König scheint einen anderen Kurs eingeschlagen zu haben – einen, der den Schutz der Grundrechte nicht mehr im Mittelpunkt sieht, sondern im Zweifel auf die Macht der Regierung vertraut. In einem Interview mit der „ Rheinischen Post “ äußert sie: „Denken Sie an die Corona-Rechtsprechung, die ich absol...

Foltervorwürfe in der JVA Gablingen: Ein Spiegel für das Versagen des Rechtsstaates?

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Was ist nur in diesem Staat los? Der Skandal um die Justizvollzugsanstalt (JVA) Gablingen in Bayern, der sich aktuell durch die deutschen Medien zieht , erschüttert und wirft zugleich Fragen auf – nicht nur über die erschreckenden Vorwürfe, sondern auch über die Rolle des Justizministeriums und die Konsequenzen für die verantwortlichen Akteure. Die bisherigen Erklärungen des bayerischen Justizministeriums, das Missstände über ein Jahr hinweg angeblich nicht ausreichend wahrgenommen hat, wirken wie Schutzbehauptungen, die letztlich das eigene Aufsichtsversagen vertuschen sollen. Die Vorwürfe und die erste Verteidigungslinie Schläge, Tritte, Isolationshaft in entwürdigenden Zuständen – die Details aus der JVA Gablingen klingen wie aus einem dystopischen Roman. Minister Eisenreichs (CSU) Behauptung, er sei von den Zuständen nicht informiert gewesen, weil die Beschwerde einer Anstaltsärztin von Oktober 2023 „primär der Staatsanwaltschaft zur Aufklärung überlassen“ wurde, ist schwer nachvol...